Ohne unseren Dirigenten David Dieterle, geboren 1972 in Arnsberg/Westfalen, gäbe es SymphonING heute nicht. Seit über zehn Jahren leitet er unser Orchester mit viel Taktgefühl und unermüdlichem Enthusiasmus. Als Profimusiker mit Studium an der Folkwang Hochschule Essen und am Rotterdams Conservartorium beherrscht er nicht nur die Viola perfekt, sondern weiß auch, wie man uns zu einem erfolgreichen Konzert führt.
Wir danken ihm an dieser Stelle sehr für seinen großartigen Einsatz.
Wie kamst Du zu SymphonING?
Professor Mayer-Lindenberg fragte mich, ob ich Lust hätte, das Orchester der technischen Universität Hamburg Harburg als Dirigent zu leiten. Er ist nicht nur Experte in
Quantencomputing, sondern auch ein hervorragender Pianist. Er war Mitglied im Tango Orchester Tango Lunatico, das ich leitete. Er kontaktierte mich während eines Spanien Aufenthaltes und bat
mich ein Konzept für das Orchester zu schreiben. In einem Internetcafé schrieb ich das dann neben lauter Nerds die Ego-Shooter Games spielten. Trotzdem scheint das Konzept überzeugt
zu haben, denn wenig später stand die erste Probe im Audimax der Universität an.
Was war Dein Eindruck unmittelbar vor der ersten Probe?
Ich kam in den Hörsaal und war sicherlich genau so aufgeregt, wie die Mitspieler. Circa 20 Studenten blickten mich erwartungsvoll an. Alle hatten bereits gestimmt und waren sehr still. (Ganz
anders als heute). Ich überlegte kurz die Flucht zu ergreifen, entschied mich dann aber doch Mozarts Klavierkonzert Nr. 17 zu dirigieren.
Und wie war Dein Eindruck nach der ersten Probe?
Ich empfand es als eine gelungene Probe. Nicht nur, dass alle sich kräftig Mühe gaben, auch Talent war ausreichend vorhanden. So richtig harmonisch - in beiderlei Hinsicht, musikalisch und
zwischenmenschlich - wurde es dann nach dem ersten Proben-Wochenende, das wir zum Ende des zweiten Semesters in Noer verbrachten. Dort lernte man sich auch persönlich kennen und dies begünstigt
das Zusammenspiel ungemein.
Was war das schönste/gelungenste Stück, das Du mit SymphonING aufgeführt hast?
(Überlegt lange). Ich kann mich da gar nicht so richtig entscheiden. Bachs Klavierkonzert mit der Solistin Yun Xu kam dem schon sehr nahe, wie ich mir das Stück vorstelle. Spät-Barock liegt
uns auf jeden Fall. Ich bin dem Orchester sehr dankbar, dass sie meinem Faible für historische Aufführungspraxis widerstandslos folgt. Bei den Geigern dauert das allerdings immer ein bis
zwei Semester bis ich ihnen das Vibrato abgewöhnt habe. Zumindest bei den meisten. Filmmusik macht dem Orchester auch immer großen Spaß und das hört man. Fluch der Karibik haben wir schon
drei Mal aufgeführt und es verliert nicht an Reiz. (Ich muss mich vor dem Stück allerdings immer heimlich mit verbotenen Substanzen betäuben)
Und was würdest Du nie wieder spielen?
Es gibt da ein Klavierkonzert von einem polnischen Komponisten mit französisch klingendem Namen. Das Stück würde ich zumindest nicht mit der gleichen Solistin, vielleicht auch nicht mit dem
gleichen Orchester aber definitiv nicht mit einer Grippe aufführen.
Größere Katastrophen sind uns bisher erspart geblieben. Manchmal erstaunt mich das sogar. (lacht). Das ist wie ein Tanz auf einem Vulkan, man weiß, die Katastrophe kommt irgendwann - man
weiß nur nicht wann. Das macht das ganze aber auch spannend. Abbrechen musste ich nur beim allerersten Konzert. Seit dem läuft es gut und die treue Fangemeinde beziehungsweise die vollen
Säle scheinen uns Recht zu geben.
Wer ist Dein Lieblingskomponist?
Das ändert sich jeden Tag und ist eher eine Momentaufnahme meines Empfindens. Heute würde ich sagen John Linnell & John Flansburgh.
Was würdest Du gerne einmal aufführen?
Brahms 1. Sinfonie zu dirigieren wäre schon ziemlich cool. Eine barocke Oper oder ein Klavierkonzert von Rachmaninov reizen mich eben so sehr.
Was motiviert Dich jeden Donnerstag Abend am meisten?
Glücklicherweise muss ich mich donnerstags nie selbst motivieren. Die Arbeit mit SymphonING macht mir Spaß. Das Audimax fühlt sich manchmal an wie mein zweites Wohnzimmer und für meinen
Einsatz bekomme ich auch viel zurück.
Was ist Dein Lieblingsinstrument?
Das hängt von meiner Stimmung ab oder von der Musik, mit der ich mich gerade beschäftige. Ich mag den Klang des Bandóneon, aber wenn ich das manchmal im Autoradio höre, nervt es mich tierisch.
Ich liebe den Klang und die Möglichkeiten der Laute ebenso wie Benny´s Flügelhorn. Es gibt kein Lieblingsinstrument. Das hängt vor allem damit zusammen, wer es spielt. Aber ich entdecke immer
neue Lieblingsklangkombinationen von Instrumenten
Wie heißt Dein Ensemble und wo seid ihr zu sehen/hören?
Neben meiner Arbeit als Leiter der Akademie Hamburg, die ich mit meiner Schwester Anke gegründet habe, spiele ich als Musiker in verschiedenen Ensembles. Meine Herzensangelegenheit aber ist das
"Ensemble Formidable“, das ich dirigiere. Es ist ein sehr unkonventionelles, experemtierfreudiges Ensemble, das aus vielen verrückten Musikerfreunden besteht. Wer mich also nicht nur mit
Taktstock sehen möchte, ist herzlich eingeladen.
Außerdem haben wir vor kurzem die Akademie vergrößert. Dort gibt es nun auch einen Konzertsaal mit regelmäßigen Veranstaltungen verschiedenster Art. www.musik-tanzsaal.de
Haben Deine Eltern Deine Berufswahl begrüßt?
Meine Eltern haben irgendwie die Balance zwischen Unterstützung bei den Dingen, die mich interessierten, und Freiheiten, die sie mir eingeräumt haben, geschafft. Das bewundere ich an ihnen. So
war meine Berufswahl nie ein Thema zwischen uns. Vielleicht haben sie insgeheim gehofft, dass ich "Lehrer für Architektur“, also eine Kombination aus den Berufen meiner Eltern geworden wäre. Das
haben sie sich allerdings nicht anmerken lassen.
Wenn Du morgen ein Instrument beherrschen könntest, welches wäre es?
Pacos Flamenco-Gitarre.
Und welche Instrumente brauchen wir noch dringend (mehr) im Orchester?
Zurzeit Bratschen und Oboen. Aber allgemein freuen wir uns über jeden weiteren Mitspieler, der motiviert und experementierfreudig ist.
Was magst Du an SymphonING am meisten?
Wir sind ein wirklich besonderes Orchester. Die Entwicklung ist jedes Mal aufs Neue faszinierend. Bei der ersten Probe erkenne ich die Stücke zum Teil noch nicht wieder. Aber bis zu den den
Konzerten entwickelt es sich, diese sind dann gelungene Abende. Natürlich nicht immer perfekt, aber gerade das macht es charmant. Die Leidenschaft zum gemeinsamen Musizieren verbindet uns und
auch wenn die Gruppe sehr heterogen ist, haben wir ein Ziel: Am Ende des Semesters, ein hörenswertes Konzert zu spielen.
[Das Interview führte Eline]